Wie können Innovationen im Mittelstand erfolgreich gemeistert werden? Tipp 1: Psychologische Hürden im Innovationsmanagement rechtzeitig erkennen

In den kommenden Wochen erhalten Sie zielführende Tipps aus der Praxis, wie es Ihnen gelingt, Ihr Unternehmen auf einen erfolgreichen Innovationskurs zu bringen!

 

Tipp 1: Psychologische Hürden im Innovationsmanagement rechtzeitig erkennen

  • Bei Ihren Mitarbeitern fehlt die Motivation, etwas Neues aus zu probieren?
  • Sie werden von Ängsten blockiert?
  • Die verschiedenen Abteilungen grenzen sich voneinander ab?
  • Erfahrung und Kreativität arbeiten in Ihrem Hause nicht zusammen?
  • Innerhalb von Innovationsprojekten dominiert das „ich“ und nicht das „wir“?

 

Dann sollten Sie sich den folgenden Tipp zu Herzen nehmen!

 

Beispiel

Betrachten wir ein fiktives Unternehmen aus dem Automotivbereich, das sich als Markenhersteller in einer Nische des Caravan-Marktes etabliert hat. Ein Markt, der sehr schwierig zu beherrschen ist, da er weltweit sehr starken Schwankungen unterliegt.

Caravaning ist als Reiseform eher rückläufig und als Luxusgut in schwierigen ökonomischen Zeiten verzichtbar. Umso kritischer und psychologisch sensibler sind die Innovationsprojekte zu behandeln. Eine Art psychologische Schockstarre, verbunden mit dem Irrglauben, dass sich alles von selbst regelt, beherrscht die Branche und das Bewusstsein der Mitarbeiter.

Eine Aufbruchsstimmung fehlt. Im Gegenteil: Es herrscht die innere Einstellung vor, dass Neuerungen in dieser Branche ohnehin keine Chance haben.

Die traditionsreiche Branche hat die immer gleichen Marktteilnehmer mit ihren erkämpften Komfortzonen. Veränderungen werden mit dem Argument abgetan, dass ja schon viele versucht hätten, etwas zu ändern, und damit gescheitert seien. Diese Blockadehaltung führt natürlich, gemäß einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung, zu einem starken Rückgang der Branche.

Für das Individuum im Unternehmen bedeutet dies, dass die Machtpromotoren nicht bereit sind, ihre durchdachten Vorschläge zur Erneuerung von Produkten und Dienstleistungen wie z. B. modernes Außendesign der Reisemobile oder E-Mobilität als umfassendes Konzept in dieser Freizeitbranche anzunehmen und mit ausreichender Motivation zu fördern.

Gute Ideen und innovative Ansätze versanden im psychologischen Dschungel der Selbstgefälligkeit und Ignoranz wahrer Megamarkttrends.

Dabei ist die Caravan-Branche kein Sonderfall. Gleiche oder ähnliche Phänomene finden sich in der Sanitär-, Bau- und der Dienstleistungsbranche. Bei allen ist die psychologische Hürde gegen das Neue so stark ausgeprägt, dass die Unternehmen hierfür ihre eigene Existenz aufs Spiel setzen. Dabei sind die psychologischen Barrieren so leicht zu überwinden und das Versagensrisiko kann auch hier gering  gehalten werden.

Fehlende Selbstberuhigung und Selbstmotivation, gepaart mit einem kollektiven Bewusstsein der Unveränderbarkeit der aktuellen Situation, führen zu einem Trägheitsmoment, in dem notwendige Anpassungsschritte einfach verdrängt werden.

 

Problemdiagnose

Positive Stimmungen bei sich selbst und bei Anderen erleichtern die Umsetzung von definierten Absichten. Unter Stimmungen werden hierbei nicht nur Fröhlichkeit, Ausgelassenheit oder Traurigkeit verstanden, sondern ein ganzer Blumenstrauß von Emotionen, die in Summe als Affekte bezeichnet werden. Diese Affekte steuern den Denk- und Wahrnehmungsprozess in unserem Gehirn, eine Erkenntnis des Psychologen Prof. Dr. Kuhl von der Universität Osnabrück.

Wir Menschen haben vom Denken zum Handeln stets einen Umweg zu beschreiten – den Umweg der Absicht. Die Absichtserklärung oder der Vorsatz für eine geplante Handlung, z. B. ein neues innovatives Außendesign beim Reisemobil umzusetzen, ist sehr angreifbar.

 

Passt die Stimmungslage im Umfeld oder der eigenen Organisation hierzu nicht, wird eine erfolgversprechende Idee verworfen. Die Absicht braucht zur erfolgreichen Umsetzung einen gesunden, positiven und motivierenden Nährboden, um dann zur Handlung heranzureifen!

Wenn dieser Nährboden aber durch Verlustängste, potenzielle Schwierigkeiten oder einseitige Risikobewertung vergiftet wird, dann blockiert unser Gehirn automatisch die mögliche Handlung. Bei Menschen oder Organisationen, die nur die Schwierigkeiten in den Vordergrund stellen, kommt es zu keiner Umsetzung. Sie bleiben ihrem Schicksal verhaftet. Und wenn Menschen oder Organisationen beides, also die positiven Aspekte und die Schwierigkeiten, gleichermaßen ausgewogen betrachten, dann entsteht der innere Drang, das definierte Ziel erreichen zu wollen. Diese Ausgewogenheit setzt ein professionelles Stimmungsmanagement bei sich selbst und seiner Organisation voraus.

Die Machtpromotoren, also alle Führungskräfte und Menschen mit hohem Einfluss in die Organisation (z. B. Investoren), müssen hierbei viel bewusster die Stimmungslage bei sich selbst und den Mitarbeitern erkennen. Der Willensbahnungseffekt kann sehr gezielt über das Stimmungsmanagement gefördert oder gebremst werden und psychologische Hürden können somit schnell überwunden werden. Die professionelle Neuroführung ist ein Erfolgstreiber im Kreislauf des Innovationsprozesses und fördert aktiv den Entscheidungs- und Veränderungsprozess.

 

Problemlösung

Wie kann Neuroführung erfolgreich umgesetzt werden und wie schafft man es, die Absicht einer bahnbrechenden Innovation in der Organisation schnell und widerstandsarm umzusetzen?

Die Antwort: durch bewusste Steuerung der Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozesse in unserem Gehirn. Hierzu bedarf es nicht viel. Ich muss verstehen, dass der Widerstand bei Veränderungen und Neuem kein bewusster Akt ist, sondern in den meisten Fällen ein Ergebnis der Interaktion von Teilen unseres Gehirns. Das Absichtsgedächtnis, in dem wir unsere Vorsätze kurzfristig abspeichern, gibt dem positiven und handlungsbahnenden Affekten einen Dämpfer – frei nach dem Motto: STOPP! Können wir das mit unseren bisherigen Routinen und Erfahrungen in Einklang bringen oder gar lösen?

Diese gedämpfte Energie reicht aber nicht aus, um neue Handlungen wirklich umzusetzen. Die Hürden der Behinderungen werden somit im Kopf nicht überwunden. Dies kann jedoch dadurch erreicht werden, indem die Machtpromotoren in der Organisation sich selbst und den Mitarbeitern Mut machen, diese Ziele auf eine ganz neue oder flexiblere Art und Weise anzugehen. Ein Mut, der nicht aus einer rationalen, also vernunftgesteuerten Überlegung entsteht, zumal in Innovationsprojekten viele Ansätze nicht rational beweisbar sind, sondern auf einer intuitiven Überzeugung, das Richtige zu tun, beruhen.

Ein neues Außendesign für ein Reisemobil kann bei Prototypen einfach gemacht werden und dann über Testpersonen das Ergebnis verifizieren. Der Mut und die Überzeugung der Mächtigen sind hierfür notwendig, aber auch ihre Sensibilität und Bereitschaft, auf Stimmungslagen neurointelligent zu reagieren.

Doch wie kann man hier die potenziellen Risiken beherrschen? Hierzu bedarf es neben guter Menschenkenntnis, eigenem Querdenken und einem Stück Risikobereitschaft nicht viel. Als Machtpromotor bin ich Unternehmer und als solcher gehe ich täglich Risiken ein – wenn ich das  tue, was ich liebe und wovon ich überzeugt bin, entwickelt sich das Maß an notwendiger Selbstmotivation, um erfolgreich zu sein, von selbst. Die positiven Affekte in uns machen uns wachsam, weitsichtig und selbstbewusst. Dies sind alles notwendige Voraussetzungen für eine richtige Entscheidung. Um diese Kräfte wirken zu lassen, bedarf es jedoch einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit seinen bisherigen Denkmustern und Selbstregulationsmechanismen.

Bisherige Verdrängungsstrategien sind offenzulegen und ein kritisches Hinterfragen ist notwendig. Im Beipsiel bedeutet dies einen Machtkampf zwischen verschiedenen Machtpromotoren, den Ewiggestrigen Bewahrern und den Reformern. Durch die Reformer können selbst bei rückläufigen Zulassungszahlen in der Caravan-Branche erfolgreiche Jahre folgen!

 

Folgen Sie diesen Handlungsempfehlungen:

  • Haben Sie Ihre eigene Stimmungslage schon einmal bewusst analysiert? Mit welchem situationsabhängigen Ergebnis?
  • Haben Sie Ihre Mitarbeiter und Führungskräfte schon einmal aktiv aufgefordert, die Innovationsprojekte einmal mit mehr Herzblut, Einsatzfreude und Spaß am Erfolg zu betreiben?
  • Diskutieren Sie einmal intensiv mit Ihrem Innovationsteam über das „gefühlte Warum“ dieser Innovation und zwar aus persönlicher, unternehmensspezifischer und kundenspezifischer Sichtweise. (Sammeln Sie damit die positiven Affekte/ Gefühle.)
  • Schaffen Sie Prozessklarheit unter den verschiedenen Machtpromotoren – klären Sie die  Motivationskiller und Motivationstreiber im direkten und angstfreien Gespräch.
  • Lokalisieren Sie die psychologischen Hürden mit Ihren Mitarbeitern und Führungskräften, indem Sie einen angstfreien Dialog aufbauen.

 

Nächste Woche folgt hier Tipp 2:  Die unternehmensspezifische Innovationspersönlichkeit beschreiben und verändern

 

Quelle:

Dieser Artikel hat Ihr Interesse geweckt? Entdecken Sie das gesamte Werk „Innovationen im Mittelstand erfolgreich managen“ von Winfried Neun  (SpringerGabler Verlag / Springer Fachmedien, Wiesbaden, 2014, ISBN: 978-3-8349-3106-1) !

 

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